Letztes Jahr in Laos haben wir Sacha Inchi – von mir in Bergnüsse übersetzt – als feine Bio-Knabberei kennengelernt. Damals bestand eine meiner „Arbeiten“ auf der Farm von Mai Savanh Lao darin, mögliche Interessenten für diese wunderbaren, Omega 3-reichen Nüsse zu finden. Unsere Freundin Alexandra Pohl, die bei der Bio-Spezialitätenfirma Landgarten als Qualitätsverantwortliche arbeitet, signalisierte Interesse und ließ sich Proben schicken. Die Ernährungsexpertin Claudia Nichterl – auch eine Freundin – erklärte sich zur Ansprechpartnerin in Österreich, als wir weiterreisten.
Noch keine Bergnuss als Bio-Knabberei
Leider wurde bislang aus der angestrebten laotisch-österreichischen Freundschaft nichts, denn: Die „Novel Food“-Verordnung der EU verlangt seit 2015 für jedes neuartige Lebensmittel eine umfangreiche Prüfung. Und für die hatten die Hersteller der Bergnüsse in den verschiedenen Schwellenländern (noch) kein Geld. Als sich Michael und Lé aus Laos zu einem Besuch in Österreich ankündigten, arrangierten wir aber trotzdem begeistert einen Besuch bei Landgarten. Auch Claudia war dabei! Und Alexandra führte uns selbstverständlich persönlich durch die beiden Betriebsstandorte.
Landgarten mit Bio-Snacks von Beginn an
Sie empfing uns mit einem Kaffee am neuen Standort am Ortsrand von Bruck an der Leitha und plauderte über die Anfänge: „Das muss man sich so vorstellen: Der Herbert und der Hannes haben Ende der 80iger in der Küche die Bohnen in Pfannen geröstet. Sojabohnen waren damals in Österreich ziemlich unbekannt, und wie man gute Knabbereien damit macht, wusste schon gar keiner“, beschrieb Alexandra die ersten Schritte der beiden Firmengründer. Das Ziel der damals jungen Männer war es, mit Sojabohnen eine europäische Alternative zu Erdnüssen zu erfinden. Und weil Herbert Stava seinen Betrieb auf Bio umgestellt hatte, war die Entscheidung zu Bio von Anfang an klar.
Aus dieser Idee ist mittlerweile eine international tätige Firma geworden, die von langjährigen Vertrags-Landwirten aus der Umgebung von Bruck die Bio-Sojabohnen aufkauft und verarbeitet. Landgarten exportiert verschiedenste Knabber-Snacks – alle mit ausschließlich Bio-Zutaten – mittlerweile von China bis Großbritannien, von Norwegen bis Südafrika in über 30 Länder.
Klein für individuelle Wünsche
Wir starteten unsere Tour – mit frisch geputzten Schuhen in Hygienekleidung und mit desinfizierten Händen – mit einem Highlight: Dem Schokolieren. Beim Betreten des Raumes wurde uns warm! Nicht nur weil es hier deutlich wärmer war als im Aufenthaltsraum, sondern weil es so wunderbar nach Schokolade duftete! Ich wunderte mich über die drei recht kleinen, Betonmischer-ähnlichen Geräte, in denen die warme Bio-Schokolade auf gefriergetrocknete Beeren gespritzt wurde. So klein? Für eine so große Firma? „Wir können damit auch Kleinmengen von wenigen hundert Kilogramm herstellen“, erklärte Alexandra den Vorteil. Die Tanks für die warme Bio-Schokolade, die flüssig aus Belgien angeliefert wird, waren dann aber doch recht groß. Und es wird in zwei Schichten gearbeitet…
Flinke Maschinen für geheime Rezepturen
Die Verpackungsanlage erinnerte dann an die „Sendung mit der Maus“: Aus Trichtern im zweiten Stock rannen Schokokugel-Ströme in eine wundersam klickende, blitzschnell Unmengen von Klappen öffnende und wieder schließende, kreisrunde Maschine im ersten Stock. Rrz rzt rzt rzt rzt rzt rzt… Dieser Mischroboter entließ die nun bunte Kugelmenge nach unten ins Erdgeschoß, wo sie in einen „unendlichen“ Papierschlauch purzelten. Nahezu lautlos und in rasender Eile klebte der Verpackungsroboter gleichzeitig diesen Papierschlauch zu und schnitt den Schlauch in passende Päckchen ab. Pftpftpftpftpftpftpft… Eine Dame am Transportband beendete die rasende Fahrt, nahm die Päckchen herunter und sortierte sie in Kisten. Ganz lässig. „Guten Tag!“ Wow!
Noch etwas benommen brachte uns Alexandra zum älteren, mittlerweile zu klein gewordenen Standort im Ortszentrum. Dort wird gekocht, geröstet und gewürzt – vom Hauptprodukt Sojabohnen über Cashew- und Kürbiskernen bis zu Mandeln. Kochzeiten, Rösttemperaturen und Gewürzmischungen sind natürlich geheim, wurde doch das Knowhow bei Landgarten in vielen, vielen Jahren aufgebaut.
Landgarten als Modell für ganz Österreich?
Die Entwicklung von Landgarten vom Bio-Pionierbetrieb zum weltweit tätigen Bio-Profi beeindruckte mich jedenfalls. Wäre das nicht der Weg, wie Österreich tatsächlich der Feinkostladen Europas oder sogar der ganzen Welt werden könnte? Mit hochwertigen, innovativen Bio-Produkten wie solchen von Landgarten? Oder von Juffinger, von Sonnentor, von Zotter oder von der Schlierbacher Käserei? Wenn sich doch Österreich nur trauen würde, ganz auf Bio zu setzen – und damit auf Neonicotinoide, Glyphosat etc. zu verzichten! Gute Voraussetzungen mit tollen Firmen hätten wir…
Schokoladige Bio-Bergnüsse?
Ob unser Besuch bei Landgarten nun zu Bio-Knabber-„Omega3“-Nüssen aus Laos – womöglich in Österreich in belgische Bio-Schokolade gehüllt – führen wird, wird sich erst weisen. Dazu ist es zuerst notwendig, der EFSA (Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit) zu beweisen: Bergnüsse werden in Peru schon seit Jahrhunderten gegessen und sind mittlerweile auch in Asien ein beliebter Snack. Wer auch immer das machen wird. Erst dann könnte Mai Savanh Lao das Knowhow Landgartens beim Rösten und Schokolieren nutzen. Fortsetzung folgt.
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- Ich bin Bio-Schweineexpertin, Beraterin, freie Journalistin und Hobby-Grafikerin. Meine Interessensgebiete reichen mittlerweile von Nutztierhaltung über Urban Gardening bis zum Bodenschutz. Mein Leben bleibt spannend!
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