Museum für Schweine in Stuttgart: Eine Sammlung mit Lücken

Travel


Eine Bio-Schweineberaterin auf Besuch in Stuttgart darf eine der Sehenswürdigkeiten natürlich nicht auslassen: Das Schweinemuseum! Also fuhren wir gleich am ersten Tag unseres Kurzurlaubs zum „Alten Schlachthof“. In diesem ist oberhalb eines Gasthauses (Schwerpunkt: Schweinsbraten) das Schweinemuseum Stuttgart untergebracht.

Schweine, wohin man schaut

Angeblich ist es das Museum mit der weltweit größten Sammlung an Schweinenachbildungen. Museumsgründerin Erika Wilhelmer hat ihre Sammelleidenschaft hier offenbar kanalisiert. Vor allem nach Sammelwut fühlte es sich für mich an: Schweine aus Plastik, Keramik, Stein, Holz, Metall, Schweine auf Schnapsgläsern, Frühstücksbrettchen, Schlüsselanhängern, Bildern, Sparschweine, Kuscheltierschweine, Pantoffelschweine, … Viele, viele Räume vollgefüllt mit Schweinen…

Das Konzept war erkennbar: Es gab einen Raum zum Thema „Schweinesprüche“, einen für Küchenutensilien – hier wurde ganz kurz Schlachtkörper und Fleisch(konsum) thematisiert – einen zum Thema „Glücksbringer“, einen mit Schweine-Spielen und so weiter. Das heurige chinesische „Jahr des Schweins“ wurde ebenso in einem eigenen Raum gewürdigt wie Schweine als göttliche Fruchtbarkeitsbringer in verschiedensten Religionen oder das Schwein als Symbol fürs Sparen.

Nicht schöne Schweinchen

Uns fiel auf, dass Schweine oft sehr kindlich dargestellt werden: Riesige Augen, kurze Schnäuzchen, winzige Ohren, dicker Hintern. Vielleicht bezeichnen das viele Leute als „lieb“, ich finde solche „Schweinchen“ nur hässlich. Und mir hat eines gefehlt: Die besonderen Leistungen des Tiers Schwein!

Schweine sind freundliche, gesellige und extrem neugierige Wesen mit super-beweglichen Nasen („Rüssel“). Sie können sehr schnell laufen (nicht ohne Grund heißt es „Schweinsgalopp“, denn auf kurzen Strecken laufen Schweine schneller als Pferde!), haben einen besseren Geruchssinn als Hunde (Trüffelschweine!) und haben noch ganz viele andere tolle Eigenschaften! Und: Sie leiden in der „modernen“ Schweinehaltung. Dort müssen sie über ihren eigenen Ausscheidungen leben (auf „Vollspalten“), können sich kaum bewegen und haben keinerlei Abwechslung.

Zu viel Schweinefleisch nicht erwähnenswert

Auch der üppige – weil (zu) billige – Schweinefleischverbrauch der Deutschen wurde nur kurz gestreift. Immerhin verzehrt jeder und jede Deutsche im Durchschnitt fast 40 Kilogramm Schwein pro Jahr – in Form von Wurst und Fleisch. Ohne Knochen. Aus Sicht der Gesundheit der Bevölkerung, des Klimaschutzes, des Tierschutzes, des Grundwassers, … – negativ bis katastrophal, wie der Fleischatlas alle zwei Jahre aufzeigt. All diese Themen kamen aber leider im Schweinemuseum nicht vor…

Auf den anschließenden (natürlich konventionellen) Schweinebraten haben wir gerne verzichtet. Vom Museum gelangt man nämlich fast direkt in die Gaststube im Erdgeschoß. Vielleicht ist ja der hohe Schweinefleischkonsum der Deutschen der Grund dafür, dass kaum Kritik an der Haltung dieses tollen Tiers im Schweinemuseum vorkommt?

Beitrag von

Sonja Wlcek
Sonja Wlcek
Ich bin Bio-Schweineexpertin, Beraterin, freie Journalistin und Hobby-Grafikerin. Meine Interessensgebiete reichen mittlerweile von Nutztierhaltung über Urban Gardening bis zum Bodenschutz. Mein Leben bleibt spannend!