Bio Österreich Fahrrad

Mit dem Fahrrad durch Bio-Österreich – Teil 1: Von Niederösterreich nach Salzburg

Organic, Travel

Zwei Wochen hatten wir Zeit, um gemächlich zu interessanten Bio-Orten Österreichs zu radeln. An der Nordseite der Alpen besuchten wir ein schweinisches Theater, einen Bio-Garten, Bio-Schafe, Bio-Schweine und eine Bio-Kontrollstelle. Dann noch ein Bio-Gasthaus und eine Bio-Brauerei.

Ursprünglich wollten wir ja durch Serbien, Nordmazedonien und Griechenland fahren. Doch dann kam alles anders und wir entschieden uns für einen „spontanen“ Radurlaub durch Österreich. „Spontan“ in dem Sinn, als dass Claudia, Christoph, Reinhard und ich keine fixe Route planten, sondern je nach Lust, Laune und Wetter kurzfristig entscheiden wollten, wohin uns der Tag brachte. Und wir wollten viele Bio-Freunde und Bio-Orte besuchen.

Lass die Sau raus beim Theaterfestival

Also begannen Reinhard und ich in Litschau im Waldviertel. Das Theaterfestival „Hin&Weg“ bot die Welturaufführung des Stücks „Sus scrofa – das Schwein“ von Fräulein Brehms Tierleben. Vorher luden uns Hubert und Martina, das begeisterte Biobauern-Ehepaar, zu sich auf den Demeter-Betrieb ein. Hubert ist in vielen Bereichen engagiert, unter anderem ist er einer der beiden Geschäftsführer der Bioschwein Austria. Diese ist eine der größten Bio-Schweine-Vermittlungsorganisation Europas und hatte die Theatermacherin mit Kontakten und Sponsoring unterstützt. Es gab Bio-Kaffee und selbst gebackenen Bio-Kuchen, Bio-Huhn und Bio-Bier. Und nächtens noch Bio-Joghurt und Bio-Schnaps in der Küche.

Sus scrofa Theater Fräulein Brehms Tierleben

Fräulein Brehm erlaubte sich ein paar kritische Worte zur „modernen“ Schweinehaltung. Foto: (c) Reinhard Geßl, organic17

Prächtiger Garten mit Bio

Christoph und Claudia trafen wir dann in Freistadt. Und durften im Garten meiner lieben Arbeitskollegin Christine zelten. Ab nun radelten wir zu viert, zuerst nach Aigen-Schlägl im Mühlviertel. Dort tauchten wir ein in den „Bio-Garten Eden“ – das heurige Motto der oberösterreichischen Landesgartenschau. Wie herrlich wachsen dort Gemüse, Obst und Zierpflanzen „nur“ mit Bio-Düngern ohne chemisch-synthetische Spritzmittel. Eine Pracht!

BioGarten Eden Aigen-Schlägl

Nicht nur die Blütenpracht in den Gärten im „BioGarten Eden“ überraschte, sondern auch die Floristik-Ausstellung. Foto: (c) Reinhard Geßl, organic17

Bergschafe mit Donaublick

Entlang der Kleinen Mühl rollten wir anschließend zur Donau. Die Schlögener Schlinge lockte uns und da bot sich ein spontaner Besuch bei Martina, der Bio-Schafbäuerin und Freundin aus Wiener Studententagen, an! Ihre gut 20 Bergschafe hatten wir noch nie gesehen. Auch nicht den neuen, hellen, tiergerechten Stall. Sie tadelte uns: „Das nächste Mal ruft ihr nicht erst zwei Stunden vor eurer Ankunft an! Der Wein ist noch nicht kalt!“ Als Martina ihre Stallarbeit erledigt hatte und wir fertig mit Kochen waren, war der Bio-Wein dann doch kalt. Sogar drei Flaschen. Wir diskutierten dann lange Herausforderungen und Forschungsbedarf der (Bio-)Schafhaltung! Wer übrigens Interesse an Bio-Lammfleisch oder -würstel hat, möge sich melden – Martinas Mann Paul liefert immer wieder auch nach Wien!

Bio-Lammfleisch Follner

Danke Martina, für den überaus netten Zeltplatz neben dem Teich! Foto: (c) Reinhard Geßl, organic17

Halle statt Ferkelkastration

Nachdem es beim Frühstück so gemütlich war und wir noch einen Blick vom Steiner Felsen auf die Donauschlinge werfen wolten, kamen wir etwas spät zum Bio-Schweinebetrieb von Andreas und Gwen. Das Dutzend an männlichen Ferkeln, das vom Tierarzt unter Narkose kastriert worden war, war schon wieder wach. Alles gut gegangen! Unser Reisefreund, Tierarzt und Uni-Professor Christoph war etwas enttäuscht, er hätte dem Kollegen bei diesem (notwendigen) Eingriff unter Praxisbedingungen am Bio-Kleinbetrieb gerne über die Schulter geschaut. Als Entschädigung besichtigten wir Andreas‘ neue Lagerhalle, die in Zukunft nicht nur diverse Maschinen, sondern auch bestes Bio-Getreide beherbergen wird. Und bekamen ein köstliches traditionelles Mittagessen von Helga, bevor wir wieder aufbrachen.

Bio Familie Oberösterreich

Dass wir zur Ferkelkastration zu spät kamen, störte (mich) nicht weiter. Andreas und Gwen nahmen sich trotz kurzfristiger Ankündigung Zeit für uns. Foto: (c) Reinhard Geßl, organic17

Unkontrolliert am Rasen

Wir radelten weiter zum Stift Kremsmünster, denn Gartenhistorikerin Claudia wollte schon immer einmal das dortige Feigenhaus sehen! Sie war begeistert, ich ein bisschen überrascht: So ein kleines Häuschen sollte so berühmt sein? Reinhard und ich freuten uns dann auf einen Besuch bei Wolfgang, dem Geschäftsführer der Bio-Kontrollstelle BIOS in Wartberg. Doch Wolfgang bedauerte am Telefon: „Ich bin auf Urlaub. Nur diesen einen Abend! Morgen bin ich wieder zurück.“ Aber wir dann nicht mehr da… Also organisierte Wolfgang, dass wir am Rasen vor der Bio-Kontrollstelle zelten durften. Dankeschön dafür, auch wenn wir gerne mit Wolfgang über Wert und Wahnsinn der Bio-Kontrollen diskutiert hätten.

BIOS Bio-Kontrollstelle

Vor der Bio-Kontrollstelle im Kremstal frühstückten wir in idyllischer Umgebung. Foto: (c) Reinhard Geßl, organic17

Ein Pionier bei Bio-Eiern

Im Stift Schlierbach hätten wir dann gerne guten Bio-Käse gekauft. Aufgrund des Feiertags waren Aussichtsterrasse und Verkaufsraum aber geschlossen. Statt dessen trafen wir das Bio-Obstbauern-Ehepaar Ewald und Ulli. Zufällig im Innenhof. Liebe Grüße! Dann schauten wir noch am Bio-Hof von Martin und Tanja vorbei, trafen aber „nur“ den rüstigen, über 80-jährigen Alois an. Er ist einer jener Bio-Pioniere, die schon vor fast 30 Jahren Bio-Freilandeier und Bio-Schweinefleisch bis nach Wien geliefert hatten. Wir bewunderten die flauschige, unverletzte Befiederung der 1800 Bio-Hühner. Martin und Tanja mischen zwei Herkünfte. Denn: Weiße „Sandy“-Hennen und braune „Lowman Brown“ ergänzen einander. „Die aufgeregten Sandy werden durch die ruhigen Lowman Brown gebremst. Und die faulen Lowman von den raschen Sandy beschleunigt. Ideal!“, findet Alois diese Lösung echt gut. Gemeinsam freuten wir uns über die Begeisterung der Tiere, mit der sie auf die Weide strömten.

Bio Legehennen Österreich

Senior-Biobauer Alois Tragler freute sich über die begeisterten Bio-Hennen im Auslauf. Foto: (c) Reinhard Geßl, organic17

Selbst die Gummibären sind bio

Weiter ging es den Kremstalradweg hinein in die Berge bis fast nach Windischgarsten und dann hinauf zum Gleinkersee. Dort bekocht der „Seebauer“ Klaus Dutzler und seine Familie die vielen, vielen Tagesgäste und Camper ausschließlich mit Bio-Lebensmitteln. An unserem Ankunftsabend hatten sie schon 1000 Bio-Essen an der Selbstbedienungstheke ausgegeben. „Die Herausforderung für unser Ausflugs-Gasthaus ist die Planung. Denn an manchen Tagen kommen nur 20 Gäste“, erzählte uns Klaus.

Bio Gasthaus Seebauer

Bio-Gastwirt Klaus nimmt sich ebenso Zeit für die Freilandschweine wie für seine vielen Gäste beim „Seebauer“. Foto: (c) Reinhard Geßl, organic17

Und er plauderte noch viel mehr: Von den Krebsen im See, von Mini, der alten Turopolje-Sau, vom Kaffeeautomaten und der Schwierigkeit, ihn mit bestem Bio-Kaffee zu füllen, von der netten afghanischen Flüchtlingsfamilie, die ihm so fleißig hilft, von seinen über 40 Bio-Lieferanten und, und, und, … Klaus ist ein begeisterter Bio-Mensch und von der tollen Qualität der Bio-Lebensmittel überzeugt. Umso mehr ist er enttäuscht von der fehlenden (staatlichen) Unterstützung, die ein umweltschonender, personalintensiver Betrieb wie seiner bekommt.

Schöner Name fürs Bio-Eis

Am idyllischen Wolfgangsee war es dann (endlich) heiß genug. Nicht nur zum Baden, sondern auch für ein Eis! Darauf hatten wir gehofft und uns nur wenige hundert Meter neben jener Schafherde einquartiert, aus deren Bio-Milch das wunderbar cremige Eisl-Eis gemacht wird. Reinhard und Christoph „hüpften“ schnell hinüber für eine Packung Marille. Frischer geht Bio-Eis echt nicht!

Bio-Eis Wolfgangsee

Hier am Ufer des Wolfgangsees ließen wir uns das Bio-Schafmilcheis schmecken! Foto: (c) Reinhard Geßl, organic17

Groscherl oder Cent beim Bio-Bier

So etwas Ähnliches wie beim „Seebauer“ Klaus bekamen wir dann auch bei Reinhold Barta, dem Gründer der Gusswerk-Brauerei in Hof bei Salzburg zu hören. Reinhold setzt konsequent auf Bio, verwendet also keinerlei konventionelle Zutaten, braut damit hochinnovative Bio-Biere der verschiedensten Geschmacksrichtungen. Und ist Mitbewerber von Großbrauereien, die „auch ein bisschen Bio-Bier“ brauen, weil sie damit ihr Portfolio ergänzen. „Als Klein- und Mittelbetrieb hast du kaum Chancen, an Wirte heranzukommen. Denn: Wenn der Brauerei-Vertreter seine Produktmappe zückt und da gibt es auch ein Bio-Bier, warum sollte der Wirt dann bei uns kaufen?“ Weil es ehrlicher ist? Weil es besser schmeckt? Weil die Bio-Bierauswahl enorm ist?

Bio-Brauerei Gusswerk Hof Salzburg

In Hof bei Salzburg lässt sich das feine Bio-Bier vom Bio-Braumeister Reinhold Barta auch verkosten. Foto: (c) Reinhard Geßl, organic17

Reinhold braut mit Gusswerk winzige 0,1 Promille der österreichischen Biermenge. „Bierbrauen ist ein Groscherlgeschäft,“ sagte er. Die Margen seien winzig. In Österreich werde mehr als die Hälfte des Biers zu Aktionspreisen gekauft. Reinhold ist ein Bio-Enthusiast, aber er sah müde aus… Wie kann es sein, dass die richtige Richtung – zur Erhaltung der Biodiversität, zum Klima- und Tierschutz, zum Bodenaufbau – unwirtschaftlicher ist? Ich hatte einiges zum Nachdenken auf unserer Weiterfahrt nach Salzburg.

Über unsere Fahrt südlich der Alpen erzähle ich dann im Teil 2!

Bio Österreich Kühe Weide

In der Steiermark freuten wir uns über die Freude der Bio-Kühe, mit der sie hinaus auf die Weide sprangen. Foto: (c) Reinhard Geßl, organic17

Beitrag von

Sonja Wlcek
Sonja Wlcek
Ich bin Bio-Schweineexpertin, Beraterin, freie Journalistin und Hobby-Grafikerin. Meine Interessensgebiete reichen mittlerweile von Nutztierhaltung über Urban Gardening bis zum Bodenschutz. Mein Leben bleibt spannend!