Arganien (Argania spinosa) sind Spezialisten, die im extrem trockenen Süden Marokkos natürlich vorkommen. Sie sind ein Bollwerk gegen die Verwüstung dieser Region. Denn sie halten mit ihren tiefen Wurzeln die wenige Erde fest, die es hier noch gibt.
Das Öl des Arganbaums ist mittlerweile das teuerste Öl der Welt. Im Großhandel kostet ein Liter zwischen 23 und 27 Euro, im Geschäft dann manchmal das Zehnfache. Der hohe Preis erklärt sich aus dem großen Aufwand, das Öl zu gewinnen: Aus 34 kg frischen Früchten klopfen Berberfrauen 2,2 kg Kerne heraus. Die Frauen beherrschen dazu eine spezielle Technik, denn die Argannüsse sind 16 mal härter als Haselnüsse. Von diesen Kernen bleibt nach dem Pressen nur ein Liter Öl übrig.Teuer, weil begrenzte Menge
Der zweite Grund für den hohen Preis ist das geringe Angebot, das einer sehr hohen Nachfrage gegenübersteht. Wilde Arganien wachsen endemisch nur im Süden Marokkos. Nur in der Negev-Wüste in Israel hat das Ehepaar Rappeport damit begonnen, mit Hilfe von Arganbäumen die Wüste zu begrünen. Berber nutzen diese Bäume dagegen schon seit Jahrhunderten: Die Blätter sind Futter für die Ziegen, das Holz sowie die Schalen sind Brennmaterial und das Öl wird zum Kochen und als Körperöl verwendet.
Erst in den 1990iger Jahren wurden die Besonderheiten dieses Öls durch eine marokkanische Forscherin, Zoubida Charrouf, erkannt und untersucht. Die Forscherin – selbst von Berbern abstammend – initiierte Frauen-Kooperativen, um die traditionell von Berberfrauen erledigten Arbeiten wie Sammeln und Öffnen der Argankerne zu entlohnen. Und um ihnen und ihren Töchtern Zugang zu Bildung zu ermöglichen. Hersteller von Schönheitsprodukten wurden auf das wertvolle Arganöl aufmerksam. Große Firmen wie l’Oréal, The Bodyshop oder Unilever kaufen seither für ihre Bio-Produktlinien immer mehr bio-zertifiziertes Arganöl. Dessen Menge allerdings begrenzt ist. Zwar wurde die Produktionsmenge auf immerhin 4000 Tonnen im Jahr 2015 gesteigert, ob damit die Nachfrage gedeckt ist, ist allerdings nicht klar.Schädigt der Boom den Arganien-Wald?
Denn zwar sind mehr als 820.000 Hektar im UNESCO Biosphärenreservat „Arganeraie“ mit Arganbäumen bewachsen und mittlerweile mehr als 630.000 Hektar davon für Wildsammlung bio-zertifiziert, aber entscheidend ist die gesammelte und geöffnete Fruchtmenge. Die große Nachfrage führte nicht nur dazu, dass mittlerweile in der Erntezeit zwischen Mai und August mehr Früchte gesammelt werden als früher. Sie änderte offenbar auch die Art der Sammlung: Die Beeren werden nicht mehr nur vom Boden aufgesammelt, sondern auch mit Steinen oder Stöcken von den Bäumen geschlagen.
Zusätzlich vergrößerten die Berberinnen mit ihrem neuen Einkommen ihre Ziegenherden. Die Tiere schaffen es, die Arganblätter zwischen den Stacheln herauszufressen, und klettern dazu auch malerisch in den Bäumen herum. Dieser Fraß dürfte aber ebenso die Bäume schwächen wie die aggressive Art der Sammlung. Ein Forscherteam rund um den kalifornischen Professor Travis Lybbert stellte schon vor einigen Jahren fest, dass die Arganien-Wälder seit dem Öl-Boom zurückgehen. Dass also die rund um das Öl gerne erzählte Geschichte, wonach die Berberinnen aufgrund der hohen Arganöl-Nachfrage „automatisch“ die Arganbäume schützen, nicht ganz den Tatsachen entsprechen dürfte.Arganien-Suche deprimierte mich
Nach all dieser Recherche und unserem gestrigen Gespräch mit Ismail Bahadi in Agadir, der vor einem Jahr in die Arganöl-Vermarktung eingestiegen ist, haben wir uns heute auf die Suche nach den Arganwäldern gemacht.
Schon während der Busfahrt letzte Woche von Taliouine nach Agadir habe ich unglaublich viele geschädigte und verdorrte Arganbäume gesehen. Und auch hier östlich von Aourir oder nordöstlich von Agadir fielen mir vor allem die grauen, verdorrt wirkenden Arganien auf. Der Blick auf die Hänge des Hinterlands zeigte, dass höchstens die Hälfte der Bäume grün, also noch belaubt, ist. Hier sieht es gar nicht nach Argan-„Wald“ aus, wie auf vielen Websites, auf die ich bei meiner Recherche gestoßen bin.Ob die vertrocknet aussehenden Bäume nach einem Winterregen wieder grün werden? Oder ob sie (auch) durch den Klimawandel geschädigt sind? Vielleicht gibt es ja Argan-SpezialistInnen unter unseren Blog-LeserInnen, die mir bei diesen Fragen weiterhelfen können? Antworten bitte auf Facebook!
Und hier eine Antwort von Claudia, die nach Weihnachten und über Neujahr in der Region Agadir unterwegs war:
Liebe Sonja,
Du fragtest in Deinem Beitrag über die Arganwälder nach anderen Erfahrungen. Nun bin ich keine Spezialistin, aber das, was Du beschreibst, haben wir nicht (mehr) gesehen; und wir haben wirklich viele gesehen. So wie Du vermutest, waren die Bäume nach den Herbstregenfällen wieder grün. Kaputte, vertrocknete haben wir nirgendwo gesehen. Ganz im Gegenteil, alle Bäume hatten frisches Laub. Und auch sonst war es überall ziemlich grün. Die Bäume in den Arganienwäldern entlang der Straße von Agadir nach Taroudant standen auf einem dichten grünen Teppich aus Getreidesaat (ohne Bewässerung). Während wir dort waren, wurde es von Tag zu Tag grüner.
Wie uns berichtet wurde, hatte es aber die letzten vier Jahre nicht geregnet, so dass die Bäume vermutlich auch von dieser langen Trockenperiode geschwächt waren.
Liebe Grüße
Claudia
Die letzten drei Fotos sind von Claudia G. – danke!
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- Ich bin Bio-Schweineexpertin, Beraterin, freie Journalistin und Hobby-Grafikerin. Meine Interessensgebiete reichen mittlerweile von Nutztierhaltung über Urban Gardening bis zum Bodenschutz. Mein Leben bleibt spannend!
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