Rot ist der Pfeffer, wenn der Schwarze Pfeffer (Piper nigrum) nicht mehr grün ist. Die kräftige Röte zeigen die Pfefferkörner nur zwei, drei Tage. Gepflückt werden können sie ausschließlich von Hand. Einzeln, Korn für Korn! Kein Wunder also, dass roter, getrockneter Pfeffer so selten in den Gewürzregalen zu finden ist. Das ist schade, denn es gibt keinen besseren.
Die roten ins Täschchen…
Miss Djui, Pai und Khem stehen wie jeden Tag um acht Uhr schon auf ihren vier Meter hohen Leitern. Ihre Mission lautet in den Monaten Februar, März, April und Mai ausschließlich die leuchtendroten Körner aus den prallen Pfefferähren zu picken und in ihren frisch gewaschenen, selbst genähten Stoffumhängetaschen zu verwahren. Sozusagen: die roten ins Täschchen, die grünen und orangen bleiben am Pflänzchen. Es ist ein Auftrag für Expertinnen mit viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl. Bei ihrer Arbeit muss jeder Handgriff sitzen, um wirklich nur die roten Körner aus den Rispen herauszukletzeln und dabei die pralle Fruchthüllen nicht zu verletzen.
Die überschaubare Halbtagesernte sortieren die Damen gleich im Anschluss, wieder von Hand. Das Vortrocknen übernimmt die intensive laotische Sonne, das Fertigtrocknen der Trockenschrank. Am Saisonende beziehungsweise nach vier Monaten intensiver Handarbeit werden bescheidene 15 Kilogramm exklusiver, getrockneter, roter Bio-Pfeffer zum Verkauf stehen.
Massenware für den Pfeffersstreuer
Alles schön und gut, aber wie funktioniert die üblichen Pfefferernte für den Massenmarkt? Gänzlich anders! Bei dieser geht es nämlich um Menge. Zu diesem Zweck werden die ganzen Ähren noch bevor die Umfärbung beginnt – also wenn die Steinfrüchte noch unreif grün sind – abgeschnitten und vom Boden eingesammelt. Abgerebelt wird mit der Maschine. Heraus kommt ordinärer, schwarzer Pfeffer mit bescheidenem Aromenspektrum. Nicht ganz zufällig galt in den österreichischen Hauswirtschaftsschulen lange die Lehrmeinung: „Pfeffer ist das Gift der Küche.“
Diese Kooperation hat Pfeffer
Die Biofarm Mai Savanh Lao hat mit dem französischen Gewürzspezialisten Le Comptoir des poivres einen exklusiven Abnehmer mit allerhöchsten Qualitätsansprüchen. Die Geschichte zum Beginn der Zusammenarbeit wird in etwa so erzählt: Der Pfeffer aus Südlaos begann nach der üblichen vierjährigen Aufzuchtzeit die ersten Früchte zu tragen. Eine Kostprobe davon gelangte nach Frankreich. Dort waren die Aromensucher des Comptoirs über die außergewöhnlich großen, makellosen Körner mit der leuchtend schwarzroten Farbe und dem Feuerwerk an unterschiedlichen Aromen so begeistert, dass sie vom Stand weg die gesamte Ernte der kommenden Jahre aufgekauft haben.
Um Bilder vom Pfeffersensationsfund in die französischen Haushalte zu liefern, wurde prompt ein Fernsehteam nach Laos geschickt. Das unerwartete Scheinwerferlicht stresste wiederum die Menschen auf der Biofarm gehörig, denn die Pfeffersträucher waren wie auch überhaupt das Pfefferfeld noch mickrig und es gab noch einige laotische Eigenheiten im Qualitätsmanagement. Die Öffentlichkeitsarbeit gelang aber ohne große Peinlichkeiten. Die Zusammenarbeit funktioniert noch heute, besser denn je.
Das Aroma, aber hallo!
Das Aromenspektrum des roten Pfeffers ist in der Tat erstaunlich. Frisch vom Strauch gekostet dominieren zuerst die fruchtig zitrusartigen Aromen der reifen Fruchthülle. Diese werden von einer rosinenartigen Süße begleitet. Mit dem Zerbeißen des noch etwas weichen Kernes explodiert die bissige Pfefferschärfe, die beim Abschlucken perfekt mit der süßen Frucht harmoniert.
Die französischen Pfefferexperten formulieren ihrer Eindrücke vom getrockneten roten Bio-Pfeffer vom Bolaven-Plateau auf ihrer Website etwas detaillierter: „Dies ist ein sehr schöner Pfeffer mit einem markanten, überraschenden Aroma. Er weist ein warme, köstliche, anhaltende Kakaonote auf, nach Ovomaltine, Tabak und Safran, die sich mit den leicht säuerlichen Noten von Zitrusfrüchten und mit den Noten von schwarzen Korinthen, schwarzen Johannisbeeren und mit milchigen Noten vermischen, die an Crème fraîche und Joghurt erinnern. Ebenfalls vertreten sind fruchtige Noten von sehr reifen kandierten schwarzen Kirschen. Dieser Pfeffer ist kräftig, die Würze ist bissig und am Gaumen anhaltend.“
Die Ernte-Saison wird spätestens mit dem Beginn der Regenzeit enden. Dann wird das exklusive Gewürz den Weg nach Frankreich finden. Ich bin in der glücklichen Lage meinen Jahresbedarf sozusagen noch sonnenwarm direkt ab Hof zu kaufen. Ansonsten würde ich beim Franzosen rasch meine Bestellung deponieren, denn verkauft wird nur solange der kleine Vorrat reicht.
Basiswissen zum Pfeffer
- Der Pfefferstrauch (Piper nigrum) ist eine ausdauernde, verholzende Kletterpflanze, die in Kulturen an Bäumen oder Betonstehern etwa drei bis vier Meter hoch aufgebunden wird. Die kultivierten Pflanzen sind überwiegend zwittrig. Die Körner sitzen auf etwa zehn Zentimeter langen Ähren mit 50 bis 150 Einzelblüten. Handelsüblicher schwarzer Pfeffer wird grün geerntet. Beim Ausreifen am Strauch werden die Körner allerdings zuerst orange und dann für zwei bis drei Tage rot um dann schwarz abzutrocknen. Die typisch bissige Schärfe stammt überwiegend vom Alkaloid Piperin.
- Die Pfeffersetzlinge brauchen vier Jahre bis zur ersten Ernte, tragen dann gut 30 Jahre. Hauptanbauländer sind heute Vietnam, Indonesien, Indien – das Ursprungsland – und Brasilien, also Länder, in denen es ordentlich warm ist und auch genügend Regen fällt. Mit einer Jahreserntemenge von 200.000 Tonnen ist Pfeffer nach wie vor ein bedeutendes Handelsgut.
Echter Pfeffer (Piper nigrum)
- Grüner Pfeffer: unreif als ganze Ähren geerntet, in Salzwasser eingelegt, hochtemperaturgetrocknet oder gefriergetrocknet bleibt die grüne Fruchthülle erhalten
- Schwarzer Pfeffer: grün bis gelb-orange als ganze Ähren geerntet, durch das Trocknen entsteht die runzlig-schwarze Charakteristik.
- Weißer Pfeffer: vom Fruchtfleisch befreiter reifer Pfeffer, nach 8-14 Tage im fließenden Wasser wird die angefaulte Fruchthülle mechanisch geschält, danach wird getrocknet und (konventionell) gebleicht.
- Roter Pfeffer: von Hand in Einzelkörnern gepflückter aromatisch vollreifer Pfeffer, eingelegt selten erhältlich, getrocknet noch seltener – nur beim getrockneten bleibt die Süße erhalten.
Pfefferähnliche Gewürze
- Langer Pfeffer = Stangenpfeffer (Piper longum): getrocknete, unreife Fruchtkätzchen.
- Cayennepfeffer (Capsicum annuum): gemahlene Schoten aus der Paprikagattung, spezielle Varietät Cayenne.
- Rosa Pfeffer: Früchte des Brasilianischen Pfefferbaums (Schinus terebinthifolius) oder des Peruanischen Pfefferbaums (Schinus molle), beliebt in bunten Pfeffermischungen.
- Sechuanpfeffer = Japanischer Pfeffer = Sichuanpfeffer = Anispfeffer = Bergpfeffer (Zanthoxylum piperitum): getrocknete von den Samen befreite Samenkapseln, aus der Familie der Rautengewächse.
- Kubebenpfeffer (Piper kubeba): grün in der Sonne der Indonesischen Inseln getrocknet, niedriger Piperin- und hoher Harzgehalt.
- Voatsiperiferypfeffer (Piper borbonense): ovale, dunkelbraune, sehr aromatische Beeren mit Stielansatz, Ernte in 10-20 Meter Höhe aus Wildsammlung in Madagaskar.
- Guineapfeffer = Paradieskörner (Aframonum melegueta): getrocknete Samen eines Ingwergewächses.
- Nelkenpfeffer = Jamaikapfeffer = Piment (Pimenta dioica): unreif geerntete beerenähnliche Steinfrucht, reich an ätherischen Ölen (Eugenol), aus der Familie der Myrthengewächse.
- Mönchspfeffer (Vitex agnus castus): fleischige, rotschwarze Früchte des Keuschbaumes, aus der Familie der Lippenblütler.
- Wasserpfeffer (Persicaria hydropiper): scharf schmeckende Blätter des bei uns häufig als Ackerunkraut bezeichneten Knöterichgewächses.
Beitrag von
- Mein Herz schlägt beruflich seit 25 Jahren für eine ökologisch-tiergerechte Landwirtschaft. Die Zukunft der Landwirtschaft kann nur so aussehen! Ich sehe es als meine Berufung, ProduzentInnen und KonsumentInnen zusammen zu bringen.
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