Eine Zeitreise ins Seidendorf in Hanoi

Travel

Die nächsten Monate unseres Forschungs-Sabbaticals wollen wir nun also in Südostasien verbringen. Gleich an einem der ersten Tage stolperten wir in eine Seidenweberei in Van Phuc. Das Seidendorf mit seiner 1200jährigen Historie und seinen altertümlichen Webstühlen fällt gleichsam aus der Zeit der rundum pulsierenden Metropole Hanoi.

Unterrichten für eine Tour

Für den Start auf dem für uns neuen Kontinent haben wir uns yesd (Youth Employment and Society Development) in Vietnams Hauptstadt Hanoi angeschlossen. Für deren Freiwilligenprogramm gelten wir als englisch sprechende „native speakers“ und werden dazu in Unterrichtsstunden und Diskussionsstunden auf Schülerinnen und Studierende losgelassen.

Neben der freundlichen Aufnahme mit Kost und Logis bekamen wir als kleine Gegenleistung eine Sehenswürdigkeitstour rund um Ha Dong, einem erst kürzlich eingemeindeten Stadtteil im Südwesten Hanois, zusammengestellt. Diese führte uns auch in das Seidendorf Van Phuc, wo seit über 1200 Jahren in allerbester Qualität Seide verarbeitet wird.

Viele Raupen sterben

Wir erinnern uns an den Biologieunterricht und schließen Erinnerungslücken mit Wikipedia: Zuchtseide stammt aus den Kokons der Seidenraupen, der Larve des Maulbeerspinners. Die sich von den Blättern des Maulbeerbaumes ernährenden Schmetterlingsraupen verpuppen sich, wenn es Zeit dafür ist. Dafür wickeln sie sich bis zu 300.000 mal in einen Faden, den sie in speziellen Drüsen im Maul produzieren.
Kurz vor dem Schlupf werden die Tiere mit Heißwasser abgetötet um die unverletzte Seide von drei bis acht Kokos abzuwickeln – ein Seidenfaden ist entstanden. 3000 Kokons mit einem Gesamtgewicht von einem Kilo werden benötigt, um 250 Gramm von dem einzigartig wertvollen textilen Endlosfaden zu gewinnen.

Seidenweberei – Guter Lärm für weißen Stoff

Seidenraupen oder Kokons haben wir in Van Phuc keine gesehen. Die einzige Seidenspinnerfarm Vietnams soll sich tief im Süden des Landes befinden. Was es im „Silk Village“ dafür sehr präsent gibt, sind traditionelle Webstühle. Diese werden zum Teil von Hand, überwiegend aber von archaischen Motoren bewegt. Das Einweben der kunstvollen Webmuster wird über vor Ort gestanzte Lochkarten „programmiert“.

 

Das rasche Klicken der hin- und herschießenden Webschiffchen und das ebenso rasche Heben und Senken der Schäfte erfüllt die Luft des Dorfes mit einem altertümlichen Maschinenlärm und lässt den Boden vibrieren.
Wo das Dorf die weißen Seidenstoffe färben lässt, konnten wir nicht herausfinden. Jedenfalls gibt es in den unzähligen Geschäften des Dorfes Seide in allen erdenklichen Farben, Mustern und Schnitten zu erstaunlich günstigen Preisen kaufen.

Einen ausschnittsweisen Eindruck von der Stimmung geben die nachfolgenden Bilder.

2017-01-14_09-32-41

Beitrag von

Reinhard Geßl
Reinhard Geßl
Mein Herz schlägt beruflich seit 25 Jahren für eine ökologisch-tiergerechte Landwirtschaft. Die Zukunft der Landwirtschaft kann nur so aussehen! Ich sehe es als meine Berufung, ProduzentInnen und KonsumentInnen zusammen zu bringen.