Darjeeling ist die Champagne des Tees. Darjeeling ist aber auch das Mekka des biozertifizierten Teeanbaus. Einen wesentlichen Anteil daran haben die Qualitäts- und Biobegeisterung der Teedynastie Banerjee, die seit 1859 und somit seit über 150 Jahren die Geschicke des Makaibari Tea Estates lenkt. Wir ließen uns die Geschichte vom aktuellen Chairman Rajah Banerjee erzählen und hatten dazu ein paar Fragen. Und schwuppdiwupp war ein ganzer Tag ins Land gezogen.
Darjeeling ist Bio
Beeindruckende 50 bis 70 % der 18.000 Hektar Darjeeling-Teeflächen sind biozertifiziert. Das „Land des Donners“ liegt eingequetscht zwischen Nepal und Buthan am Fuße der majestätischen 8000er des Himalayamassivs. Von der Tiefebene rund um die Hauptstadt Siliguri faltet sich der westbengalische Distrikt pittoresk bis auf über 2100 Meter. An den Hängen wachsen Tee und Bäume. Von unten bis oben und wieder hinunter. Der Boden, das Klima, die Höhenlage, die Steilheit und die günstigen Arbeitskräfte prädestinieren Darjeeling für die Qualitätsteeproduktion. Masse wird im benachbarten Assam geerntet. Vor allem die Steilheit der Flächen macht beim vielen Regen eine besondere Obsorge für den Boden überlebenswichtig. Eine konsequente Bio-Landwirtschaft kann dies am besten und gibt zudem die Möglichkeit, am Weltmarkt faire Preise zu verlangen.
Gesunder Boden – bester Tee
Zumindest jedes zweite Tea-Estate arbeitet also bereits nach den strengen Bio-Kriterien. So werden die Flächen zwischen den Teesträuchern nicht niedergespritzt, sondern ganz im Gegenteil begrünt und regelmäßig abgesichelt. Der Grasschnitt fungiert gemeinsam mit dem Strauchschnitt als schützende Mulchschicht. Die biodynamischen Teegüter bringen zudem mit Präparaten beimpfte Komposterden aus. Wie positiv sich die Bio-Bewirtschaftung auf den Geschmack auswirken, beweisen die „Terroir-Tees“ von Makaibari, Ambootia, Tumsong, Marybong und Lingia. Um nur einige Beispiele zu nennen.
Biodynamische Pioniere in Darjeeling
Uns haben vor allem die biodynamischen Pionier-Teegüter nach Darjeeling gezogen. Die Führungspersönlichkeiten dieser Traditionsunternehmen haben die biologische Bewirtschaftung der tropischen Steilflächen über Jahre perfektioniert, weiterentwickelt und „hinausgetragen“. Tausende Familien waren in den Prozess eingebunden und haben das neu erworbene Bio-Wissen multipliziert. Die Minifarmen dieser Familien sind heute ebenfalls biozertifiziert. Ein Multiplikatoreffekt der schönen Art.
Der Mythos Darjeeling beginnt mit Makairabi
Den Anfang unseres Besuchsreigens machte das Makaibari Tea Estate, eines der geschichtsträchtigsten und berühmtesten Teegüter der Welt. Rajah (Swaraj Kumar) Banerjee empfing uns in seinem Büro neben der Teeaufbereitungshalle mit einer Schale wunderbaren Second Flush aus der ganz frischen Ernte.
Und er nahm uns mit seiner Erscheinung und seinen Geschichten sogleich gefangen. Mit sympathischen rituellen Handlungen entführte er uns in das segensreiche Wirken seiner Familie.
Sein Urgroßvater gründete 1859, also neun Jahre nachdem die britische East India Company erstmals Sträucher und Samen vom chinesischen Teebusch Camellia sinensis aus China ausschmuggeln konnte, nicht nur Makaibari, sondern auch die erste Teefabrik der Welt.
Bio-Tee beginnt mit Makaibari
Gut 80 Jahre später begann auf Makaibari bereits das Bio-Zeitalter – ohne dass es so genannt wurde. Rajahs Vater war ein Patriarch und in seinen jungen Jahren als passionierter Großwildjäger ein Zerstörer der Natur. Bis er eines Tages bei der Jagd in ein schweres Gewitter geriet – Stichwort „Land des Donners“ – und miterleben musste, dass das Wasser aus dem Wald glasklar und von den Teeplantagen tiefbraun abfloss. Er begann nachzudenken. Daraufhin nahm ihn der passionierte Gärtner von Lopchu auf einen eintägigen Ritt durch dessen Teegärten mit. Es regnete den ganzen Tag, Essen hatten sie keines dabei. Am Ende des ungemütlichen Tages hatte P.N. Banerjee die Botschaft des langen Ausflugs verstanden: Wo Kompost, Mulch und grasiger Unterwuchs vorhanden waren, war der Boden weich und wasseraufnahmefähig, während daneben Sturzbäche bergab schossen. Ab diesem Tag im Jahre 1945 wurden die Makaibari Teegärten nach den Grundsätzen der biologischen Landwirtschaft geführt.
Demeter-Tee beginnt mit Makairabi
Auch Rajahs Eigentümerschaft begann mit einer Erscheinung. Bei einem Ausritt im Teegarten des bis dahin englischen Lebemanns scheute sein Pferd bei der Begegnung mit einem Bären. Während des Falls vom Pferd erschien Rajah ein Licht. In dem flehten ihn die Bäume um Rettung an. Rajah kehrte augenblicklich nach Darjeeling zurück und übernahm das Teegut. Sofort begann er mit dem Auspflanzen einer Vielzahl an Bäumen. Gleichzeitig etablierte er die biodynamischen Prinzipien. Makairabi wurde 1988 als weltweit erster Teegarten biozertifiziert, 1993 als erster Demeter- und im selben Jahr auch Fair Trade-zertifiziert.
Die englische Queen trinkt Makairabi
Heute ist Makaibari eine globale Teemarke von Weltruf. Die englische Queen und der japanische Kaiser trinken ebenso Makaibari-Tee wie tausende Teeliebhaber in Japan, den USA und Europa.
Der nur zu Vollmond gepflückte und speziell aufbereitete Silver Tips Imperial Darjeeling Fullmoon Handmade Tea erzielt am Weltmarkt Rekordpreise. Sieben Dörfer an fünf Hängen rund um die Kleinstadt Kurseong profitieren von der Zusammenarbeit mit Maikaibari und dessen Weltruhm. Die Bezahlung der Teepflückerinnen entspricht dem landesüblichen Schema und ist jedenfalls lausig.
Einen Ausgleich bieten vor allem der kostenlose Zugang zu Schulbildung und zu medizinischer Versorgung. Zumindest 16.000,- Euro werden jährlich aus dem Fairtradetopf ausgeschüttet. Damit werden nach gemeinschaftlichen Beschlüssen für alle Familien in allen sieben Dörfern lebenserleichternde Güter angeschafft oder Schüler unterstützt.
Ein Teebaron wie aus dem Bilderbuch
Unser Treffen mit dem begnadeten Geschichtenerzähler Rajah Banerjee dauerte schlussendlich acht Stunden. Nicht dass wir viel zu Wort gekommen wären, aber als Bio-Experten und kritische Fragensteller motivierten wir den Tee-Baron zu ausschweifenden Erklärungen: Im Büro, in der historischen Teefabrik, bei der Verkostung, im Teegarten und am Ende – nach einem kurzen Ausritt mit einer befreundeten italienischen Architektin – beim Lunch im nahegelegenen Hotel.
Dabei erzählte er uns auf Nachfrage ohne Wehmut vom 2014 erfolgten überwiegenden Verkauf von Makaibari an die mächtige Luxmi-Group: „Ich hatte damals kurzzeitig ernsthafte gesundheitliche Probleme und wusste nicht, wie es weitergehen sollte. Mit Luxmi hat Makaibari einen der besten Teehändler als Partner gewonnen. Die verstehen ihr Geschäft! Und als biodynamischer Meister und allwissender Experte bin ich so oder so jeden Tag hier in der Fabrik und in den Teegärten. Ich bestimme wo der Weg hingeht und stelle sicher, dass das Lebenswerk der Familie Banerjee weitergeführt wird.“ Ein Baron, ein Wort! Das Treffen mit der lebenden Legende wird bei uns noch lange nachwirken.
Beitrag von
- Mein Herz schlägt beruflich seit 25 Jahren für eine ökologisch-tiergerechte Landwirtschaft. Die Zukunft der Landwirtschaft kann nur so aussehen! Ich sehe es als meine Berufung, ProduzentInnen und KonsumentInnen zusammen zu bringen.
Aktuelle Beiträge
- Organic14. Oktober 2019Mit dem Fahrrad durch Bio-Österreich – Teil 2: Südlich der Alpen
- Alle Artikel23. Juni 2019Weinblätter zum Trinken – Eine erstaunliche Verkostung
- Organic13. Juli 2018Bio-Visionen live im Radio – Organic17 gehört gehört
- Organic12. März 2018Mani Bio-Olivenöl: Einmal Wien – Mani und retour