Vergangenes Wochenende folgte ich einer Einladung nach Litschau, in der Bio-Großküche des Vereins vom SchrammelKlangFestival mitzuhelfen. Es interessierte mich, wie eine Verpflegung so vieler Menschen mit frisch gekochten Bio-Lebensmitteln funktioniert.
Das Festival lebt von feiner Musik, vom schönen Herrensee und nicht zuletzt vom guten Essen. Und von (und mit) vielen ehrenamtlichen Helferinnen. Schon seit elf Jahren organisiert das Biobauern-Ehepaar Martina und Hubert Stark dabei die Hauptküche „Die Gemüthlichen“ des dreitägigen Festivals. Mittlerweile haben sie sich wichtige Großküchen-Geräte wie eine Kippbratpfanne, Fritteusen, Wurstbräter, Wärmewannen, mobiles Handwaschbecken oder Kühlschrank angeschafft, weitere wie Heißluftherd, Kochwanne, Spülmaschine oder Wärmeschrank mieten sie für die paar Tage.
Fleiß und Mengen beeindruckten
Neben der professionellen Ausstattung können sie jedes Jahr ein unglaublich fleißiges Team für sich gewinnen. Fast alle der helfenden Hände gehören zur Verwandtschaft, dazu kommen Ehrenamtliche wie zum Beispiel Martin, ein ehemaliger Praktikant, und Neugierige wie ich.
Die Lebensmittelmengen, die für dieses Wochenende vorbereitet wurden, beeindruckten mich. Die Familie verarbeitete zirka 220 Kilo Bio-Surbraten, 200 Kilo Bio-Schnitzelfleisch, 100 kg Krautköpfe und 1500 Kilo Bio-Erdäpfel. Für Panier und Kaiserschmarren kamen 80 Kilo Bio-Semmelbrösel, 75 Kilo Bio-Mehl, 800 Bio-Eier und 70 Liter Bio-Milch zum Einsatz. Nur wenige Lebensmittel kamen aus konventioneller Erzeugung: Vom regionalen Fleischhauer stammten zum Beispiel die 140 Kilo Bratwürstel und 40 kg Blutwurst. Auch Gemüselaibchen oder panierter Käse sind in Bio-Qualität kaum zu haben.
Bio-Gummiknödel handgerollt
Martinas vorausschauende Vorbereitungen gingen (fast) an mir vorüber. Ich kam ja erst am Samstag Vormittag nach Litschau. Sie hatte aber schon letzten Herbst viele Liter Bio-Zwetschkenröster als Beilage für den Kaiserschmarren eingekocht. Und am Mittwoch um vier Uhr früh mit der Erdäpfelvorbereitung begonnen. Denn: „Unser Kartoffeldämpfer fasst ja nur 70 Liter“, erzählte sie mir entschuldigend.
Am Donnerstag waren Nachbarinnen, Freundinnen und Schwestern – alles Frauen – gekommen, hatten die gekochten Knollen geschält, passiert und den ganzen Tag über die benötigten 2500 Bio-Erdäpfelknödel geformt. „Industrieknödel“, hörte ich eine Festivalbesucherin am Sonntag etwas abfällig sagen. Sie weiß offenbar nicht, wie gleichmäßig Waldviertlerinnen ihre „Erpfknedl“ händisch rollen können!
Für mich selbst startete die Erdäpfel-Arbeit erst am Samstag. Kaum hatte ich das Küchenzelt am weitläufigen Gelände des SchrammelKlangFestivals gefunden, bekam ich schon einen Sparschäler zugeteilt und viele, viele, viele rohe Kartoffel. Die geschälten verwandelten sich während des Wochenendes in frisch gekochte Petersilienkartoffel als Beilage zum Bio-Letscho oder für Salat.
Im Heißluftherd lagen seit acht Uhr immer gleichzeitig sechs Surbraten und Neffe Roman überwachte dutzende Bratwürstel am Bräter. Laufend legte Verenas „Schatzi“ Christian Schnitzel in die Fritteusen und schlichtete sie in die Warmhaltevitrine.
Samstag Mittag nahte und mit ihm der größte Stress des Wochenendes!
Zehn Minuten zum gefüllten Teller
Um zwölf Uhr wird in Österreich traditionell zu Mittag gegessen. So auch in Litschau. Also eilten um diese Uhrzeit immer mehr Kellnerinnen in die Bio-Großküche und riefen ihre Bestellungen. Sie wollten schnell wieder unterwegs sein, werden sie doch nach ihren eigenen Umsätzen bezahlt. Zusätzlich holten sich viele Besucherinnen ihr Mittagessen direkt aus dem Zelt. Damit kamen mehrere Bestellungen parallel herein. Sonja, Mario oder Michelle häuften in atemberaubender Geschwindigkeit Sauerkraut auf Teller, fischten Knödel aus Warmhaltebecken und klemmten Schnitzel zwischen Semmelhälften.
Ich selbst wieselte zwischen Salatzubereitung und Abwäschern, brachte Tellernachschub, rollte Messer und Gabel in Servietten und versuchte, nicht allzuviel im Weg zu stehen. Am Höhepunkt des Ansturms zeigte Hubert stolz zur Essensausgabe: „Die Menschenschlange steht hinauf bis zu den Buden dort. Ich habe gestoppt, wie lange es gedauert hat, bis jemand von ganz hinten sein Essen in der Hand gehalten hat: Zehn Minuten! Nicht länger!“ Ich gratulierte.
Als das Musikprogramm des SchrammelKlangFestivals startete, wurde es in der Küche deutlich ruhiger. Am Nachmittag spazierte ich sogar für ein Weilchen zu zwei Bühnen, die idyllisch im Wald rund um den Herrensee platziert sind. Und ein kurzes Bad im See ging sich auch noch aus, bevor der abendliche Hunger und Durst losging.
Und wieder startete das perfekt organisierte Küchenteam sein Kochprogramm, um möglichst rasch möglichst frische Bio-Speisen zu liefern: Knödel kochen, Erdäpfel schälen, Schnitzel panieren, Kaiserschmarren-Teig anrühren, Salate in Schüsselchen schlichten, Surbraten schneiden, … Als ich das nächste Mal auf die Uhr schaute, war es kurz vor Mitternacht…
Bio-Großküche nächstes Jahr wieder?
Die Nacht war kurz. Der Sonntag lief ähnlich ab wie der Samstag. Nur dass sich die Bestellungen etwas mehr über den Tag verteilten. Und noch mehr Verwandtschaft mithalf. Martina konnte sich nun vorstellen, doch wieder nächstes Jahr die Küche zu übernehmen. Sie fragte sich (und mich): „Wer soll das denn sonst machen? Vor allem in Bio?“ Ich hatte keine Antwort. Also wird sie im Herbst wahrscheinlich wieder Zwetschken mit Bio-Zucker in großen Mengen einkochen und im Frühling ein paar Bio-Ferkel für das Festival reservieren. Das SchrammelKlangFestival findet das nächste Mal von 10. bis 12. Juli 2020 statt. Vielleicht sehen wir uns dort ja?
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- Ich bin Bio-Schweineexpertin, Beraterin, freie Journalistin und Hobby-Grafikerin. Meine Interessensgebiete reichen mittlerweile von Nutztierhaltung über Urban Gardening bis zum Bodenschutz. Mein Leben bleibt spannend!
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