Nach etwas mehr als zwei Monaten Voluntariat auf der Mai Savanah Lao Bio-Farm sind wir weitergereist. Nach Ban Kapeu waren wir gekommen, um vor Ort zur Bergnuss zu recherchieren. Wir hatten uns vorgenommen, Plukenetia volubilis in Österreich bekannt(er) zu machen. Was bleibt nun, wenn man sich neun Wochen lang mit Wissen und Erfahrung einbringen kann? Bleibt überhaupt etwas oder ist dieser Zeitraum zu kurz?
Kunden & Vertriebspartner
Wir wollten in Ruhe Artikel über diese tolle Nuss schreiben. Und Firmen im deutschsprachigen Raum finden, die laotische Bio-Bergnüsse kaufen wollten. Voller Elan erstellte ich noch während der Fahrt von Vientiane in den Süden ein Konzept und begann eine Liste möglicher Firmen zusammen zu stellen. Michael und Lä nahmen uns freundlich auf, wir mussten nur das farmübliche Essensgeld bezahlen und wurden mit bester laotischer Küche verwöhnt. Reinhard machte wunderschöne Fotos der Pflanzen und jedes Verarbeitungsschritts der Nüsse – von Ernte über Trocknung bis zum Rösten.
Dann überlegten wir, warum welche Firmen an Bergnuss-Öl, -Proteinpulver oder gerösteten Nüssen interessiert sein könnte und schrieben viele Emails. Eine Herausforderung beim laotisch-langsamen Internet! Bald war klar, dass in jener einen Woche, die wir ursprünglich hatten bleiben wollen, noch nicht einmal alle Emails formuliert waren. Und: Dass die Suche nach und die Betreuung von Abnehmern in Europa jemanden Engagierten in Europa benötigt. Und zwar nicht uns, sondern jemanden mit Vertriebs-Erfahrung. Zwar zeigten mehrere Firmen großes Interesse an der Bio-Bergnuss aus Laos, doch das Prozedere vom Erstkontakt über Musterversand bis zu Import überstieg unser Zeitbudget bei Weitem. Also schlugen wir Claudia als Partnerin im deutschsprachigen Raum vor, und sie konnte und wollte mittun.
Das bleibt also: eine geschäftliche Verbindung zwischen Mai Savanh Lao und Österreich sowie vielleicht der eine oder andere Aufkäufer der Bio-Bergnüsse.
Zeitschriften & Blog
Unser erstes Ziel, Interesse an Bergnüssen in Europa zu wecken, geriet bei der Vertriebssuche etwas in den Hintergrund. Doch wir fragten bei bioaffinen Zeitschriften an, ob sie an Geschichten interessiert wären. Manche reagierten da recht langsam. Also begann ich, hier am privaten Blog die wichtigsten Informationen zur Bergnuss zusammen zu tragen. Reinhard vertiefte sich ins Seidenthema, das uns genauso interessierte wie jenes über Plukenetia volubilis. Und natürlich der Pfeffer! Wir waren also recht aktiv, als dann doch Interesse an Artikeln bekundet wurden: im Original-Magazin, in Biorama und in Lebensart. Es folgen womöglich weitere.
Das bleibt: Zumindest drei Artikel in Bio-Zeitschriften. Und viele Geschichten für unseren Blog.
Touristen & Direktverkauf
Gleich bei unserer Ankunft lernten wir Laurent und Roxane kennen. Die beiden führten seit zwei Wochen Traveller aus aller Welt durch den Betrieb. Denn die Farm liegt am „Bolaven-Loop“, einer beliebten Motorbike-Runde über das Bolaven-Plateau. Die Führungen mitsamt Produktverkauf sind also eine zusätzliche Einkommensquelle für Mai Savanh Lao.
Nach zwei Tagen übernahmen wir die Touren, da die beiden jungen Franzosen weiterreisten. Nach weiteren zwei Tagen setzten wir Verbessungen um: Unsere Runde wurde kürzer, denn viele Gäste mochten die heiße Sonne nicht. Dann drehten wir die Gehrichtung der Runde um, um die Firmengeschichte besser erzählen und später ankommende Gäste in laufende Führungen besser integrieren zu können. Und im letzten Schritt beendeten wir jede Runde vor dem Schaukasten, um die betriebseigenen Produkte besser zu verkaufen.
Diesen Schaukasten verbesserten wir ebenfalls: Wir rückten die Tees, Öle, Nüsse und Pfeffersäckchen an die Kante vor. Wir packten kleinere Mengen ab, um selbst den sparsamsten Backpackern ein Produkt mitgeben zu können. Und ließen Michael eine Lade bauen, in der wir die Seidenschals bestens zur Geltung bringen konnten.
Als sich eine junge Laotin mit guten Englischkenntnissen bewerben kam, schlugen wir vor, sie als Guide anzustellen. Fräulein Nut wurde eine tolle Führerin, die freundlich und mit laotischer Zurückhaltung sehr viele Produkte verkaufte. Leider verließ sie die Farm wieder für eine „sichere“ Anstellung beim Militär. Also schlugen wir WWOOF vor, um an englisch oder französisch sprechende, junge Leute zu kommen. Mit dem ersten „WWOOFer“ Guillaume lernten wir dann, dass es für Kurzzeitbesucher klare Regeln geben muss.
Das bleibt also: Eine Lade – samt LED-Licht – im Schaukasten. Und die WWOOF-Mitgliedschaft.
Das bleibt nicht: Was wir (und Nut) den Touristen warum und wie erzählt haben, um möglichst viele Produkte zu verkaufen. Wir haben keine Handlungsanleitung geschrieben…
Leguminosen & Gründüngung
Als ausgebildete Agraringenieure stellten wir beide bald fest, dass der Bio-Betrieb langfristig nicht nachhaltig wirtschaften wird können. Also versuchte ich (als Bio-Schweineexpertin…) zum Betrieb passende Leguminosen als Stickstoffsammler zu finden. Ich kenne mich da nicht wirklich aus, zum Glück halfen mir aber meine österreichischen Bio-Ackerbau-Beraterkollegen und ein Experte der thailändischen Universität in Chiang Mai weiter. Ich arbeitete mich durch einige Webseiten. Und Michael holte jenes Bio-Saatgut hervor, das ihm eine Freundin aus Deutschland mitgebracht hatte. Zum Schluss fragte ich bei befreundeten Bauern nach, wie man dieses am besten in den Boden bringen könnte. Danke Andreas und Hubert für eure Tipps!
Michael, Reinhard und ich diskutierten Vor- und Nachteile und suchten nach in Laos oder Thailand erhältlichem Saatgut. Dann legten wir Versuchsreihen an. Ich wog verschiedene Mischungen des deutschen Saatguts ab, Reinhard brachte es händisch aus und Khan, der Traktorfahrer, fräste es so flach wie möglich zwischen Maulbeeren, Bergnüssen und Pfeffer ein. Reinhard bewässerte es, bis der Regen regelmäßig kam. Es passierte… wenig, um nicht gar zu sagen nichts! Die Saat ging kaum auf und alles wurde vom Gras wieder überwachsen. Gründe? War das Saatgut zu alt gewesen? War es zu tief eingefräst worden? Oder das Einfräsen ein Problem? War der extrem niedrige pH-Wert des Bodens nicht passend? Wir wissen es nicht…
Alternativ dazu hatten wir Ableger von Arachis pintoi von Nachbars Weide geholt und Teile der Seitensprosse zwischen zwei Pfefferreihen eingegraben. Ein paar Sprossreste steckte ich in Pflanzerde. Jene im Pfeffer waren bis zu unserer Abreise nicht sichtbar, die Setzlinge wurzelten aber rasch und ich pflanzte sie problemlos zwischen die Rosen vor der Küche.
Diese Erkenntnis bleibt: Europäisches Saatgut ist für Südostasien wahrscheinlich keine Lösung. Stecklinge von Arachis pintoi könnten aber ein Weg sein, um in Zukunft Stickstoff am Bio-Betrieb zu sammeln.
Wissen & Beratung
Nachdem das Gründüngungs-Thema gezeigt hatte, wie viel Wissen fehlt, schrieb ich eine Universität in Deutschland und eine Fachhochschule in der Schweiz an, die beide internationale Agrarstudien mit Öko-Schwerpunkt anbieten. Ich beschrieb den Bio-Betrieb von Mai Savanh Lao und seine wichtigsten Fragen und ersuchte um Masterstudenten für Antworten. Die Deutschen antworteten, die Schweizer nicht. Eine Studentin (oder ein Student?) mit indisch klingendem Namen meldete sich gleich am folgenden Tag.
Wir wissen (noch) nicht, ob es zu einer Zusammenarbeit zwischen europäischen Universitäten und Mai Savanh Lao kommen wird und daraus etwas Hilfreiches erwächst.
Behörden & Geld
Sowohl für internationale Studenten als auch für WWOOFer gilt allerdings seit unserem Aufenthalt, dass Geld an die Polizeibehörde im nächstgrößeren Ort fließen muss. Denn wenige Tage nach unserer Ankunft erschienen sechs Polizisten mit strenger Miene und der Auskunft, dass wir hier als Touristen nicht wohnen dürften. Auch nicht als Freunde. Wo diese Regelung festgeschrieben ist, haben wir nie erfahren. Nach einigen Verhandlungen und dem Bezahlen einer Anfangsabgeltung von 700.000 KIP (umgerechnet etwa 70 Euro), wurde ein Monatsfixum von 200.000 KIP pro Person besprochen. Die Polizisten schrieben einen Bericht, in dem die Zahlung nicht erwähnt wurde, und steckten das Geld ein. Etwa einen Monat später kam dann noch die Dorfpolizei, die ebenfalls ein wenig Geld brauchte.
Das bleibt also: Korruption ist in Laos gut sichtbar. Und wer hier Freunde bewirtet, muss auch Behörden mitfüttern.
Kompost & Gänse
Reinhard hatte einen weiteren Weg vorgeschlagen, um das Bodenleben zu verbessern. Er ließ einen großen Komposthaufen anlegen und erneuerte den kleinen. Wir wünschen dem Betrieb jedenfalls, dass der Kompost bleiben wird. Denn: Der Aufbau von Bodenleben und Humus ist für jeden Bio-Betrieb von zentraler Bedeutung! Auch in Laos.
Auch die Gänsehaltung verbesserten wir durch Haus und Badebecken. Was noch fehlt ist eine „Gebrauchsanweisung“…
Was bleibt: Ein neuer, großer Kompostplatz und ein optimierter Umgang mit Kompost und Rindermist. Eine Gänsehütte und ein Badebecken.
Menschen & Begegnungen
Wir lernten sehr viel, vom laotischen Dorfleben und Reiswhiskey-Destillerie über die Herstellung von Stacheldraht bis zum Anbau von Maniok. Und wir fanden mit Michael und Lä neue, liebe Freunde sowie einen wunderschönen Ort auf dieser Erde. Außerdem durften wir viele nette Menschen kennenlernen: den begeisternden Philippe, die tapfere Njo und die fröhliche Tjui, die einfache Oi und den bockigen Phong, den leutseligen Khamson und den schweigsamen Oat, die eitle Gnao und die strenge Madame Thong, den tüchtigen Hamnoi und den ruppigen Tha, die freundliche Phai und den aufmerksamen Suphy, dazu noch Daa und Äng und Han und, und, und…
Was bleibt: Eine österreichisch-deutsch-laotische Freundschaft. Und: Viele neue Menschen in unseren Herzen!
Für eine feine Darstellung klicke bitte ins erste Bild.
Beitrag von
- Ich bin Bio-Schweineexpertin, Beraterin, freie Journalistin und Hobby-Grafikerin. Meine Interessensgebiete reichen mittlerweile von Nutztierhaltung über Urban Gardening bis zum Bodenschutz. Mein Leben bleibt spannend!
Aktuelle Beiträge
- Food12. September 2019Bio-Torten als Überraschung am Straßenrand
- Organic28. August 2019Mit dem Fahrrad durch Bio-Österreich – Teil 1: Von Niederösterreich nach Salzburg
- Travel21. August 2019Museum für Schweine in Stuttgart: Eine Sammlung mit Lücken
- Food16. Juli 2019Entspannendes Bio-Restaurant in Stuttgart