Nachdem klar war, dass wir Michael und seine Frau Le besuchen wollten, suchte ich – wie schon während unserer Reise durch die Welt – im Umkreis von Stuttgart nach interessanten Bio-Initiativen und Bio-Menschen. Ich stieß auf Sabine Brand-Lässig und ihr Bio-Restaurant. Und wir entschlossen uns, Christian Eichert vom AÖL dort zu treffen und vorher oder nachher mit Frau Brand-Lässig über das Lässig, die Entstehungsgeschichte und ihre Erfahrungen mit dem Bio-Kochen zu plaudern.
Ein Bio-Gipfeltreffen
Dann kam alles irgendwie anders: Herr Eichert verspätete sich etwas. Das Lokal war am späten Nachmittag wenig besucht. Also setzte sich Frau Brand-Lässig neugierig an unseren Tisch. Kaum hatten wir unser Gespräch begonnen, war Herr Eichert auch schon da. Es entwickelte sich ein Gespräch zwischen uns vieren. Das war sehr interessant, aber etwas kompliziert. Ich halte es einfach und erzähle hier nur über das Bio-Restaurant Lässig Vielleicht findet Reinhard anschließend Muße, über die „Bio-Musterregion Stuttgart-Ludwigsburg“ zu schreiben.
Zufall Bio-Restaurant
Warum betreibt Frau Brand-Lässig überhaupt ein Bio-Lokal, sie ist ja gelernte Goldschmiedin? „Da sind mein Mann und ich irgendwie hineingewachsen. Das hat sich dann so ergeben“, übt sie sich in Understatement. Immerhin ist das Lässig mittlerweile neun Jahre alt, so „zufällig“ kann ich mir das gar nicht vorstellen… Sabine Brand-Lässig präzisiert: „Mein Mann hat sich schon immer für Demeter engagiert. Als dieser biodynamische Verband jemanden gesucht hat, der während diverser Messen die Besucher bekocht, habe ich mit der Gastronomie angefangen. Das wurde dann immer mehr.“
Als im Westen Stuttgarts ein ehemaliges Fabriksgelände zu einer Art Öko-Markthalle umgestaltet wurde, war das Paar bereit für ein „richtiges“ Lokal, wie die Wirtin uns erzählt. Und ließ sich dort nieder. Dieser Bio-Hotspot kam aber nie so richtig in Schwung, wenn auch das Lässig florierte. Als dann das Gelände anderweitig genutzt werden sollte, suchten sie einen neuen Standort und fanden ihn in auf der Uhlandshöhe im Osten Stuttgarts.
Wie viele Besucher kommen eigentlich ganz gezielt, weil das Lässig ein zertifiziertes Bio-Restaurant ist, das vorzugsweise Demeter- und ausschließlich Bio-Zutaten verkocht? „Sicherlich 60 Prozent! Vielleicht auch mehr“, ist Sabine Brand-Lässig überzeugt. „Hier ist ein besonderer Ort, muss man wissen“, erklärt sie. Denn nur wenige Gehminuten entfernt befindet sich mit dem Rudolf-Steiner-Haus der Ursprung des biodynamischen Landbaus. Der „Landwirtschaftliche Kurs“ von Rudolf Steiner hatte ja den Grundstein für den Demeter-Verband gelegt. Dazu kommen Einrichtungen wie die Freie Hochschule Stuttgart, eine antroposophische Behindertenbetreuung, ein anthroposophisches Kunstseminar und ein Campus. Also viele an Demeter-Qualität interessierte Menschen…
Im Bio-Restaurant muss man kochen können
Was ist das Schwierige am Kochen mit Bio-Zutaten? „Die Zutaten bekomme ich problemlos, es gibt einen wunderbaren Gemüsebauern ganz in der Nähe und einen sehr guten Bio-Großhändler“, ist Sabine Brand-Lässig entspannt. Sie relativiert: „Bei uns wird ja noch alles wirklich gekocht. Es wird geschnitten, geformt, gerührt und gebacken. Mir wird immer ganz schwummrig beim Einkaufen, wenn ich sehe, wie viele Fertigprodukte andere Restaurantbetreiber in ihre Einkaufswägen laden. In den vielen Restaurants werden offenbar nur noch Packungen aufgerissen, kochen kann da niemand mehr!“
Deswegen hat sie andere Sorgen: „Die Herausforderung ist das Personal. Bei uns muss jemand kochen wollen und langfristig Freude daran haben. Auch wenn das Schnippeln nicht immer spannend ist. Solche Menschen sind schwierig zu finden.“ Im Lässig wird die Ausbildung zwar groß geschrieben, aber der letzte Lehrling – eine junge Frau – ging nach dem Abschluss trotzdem andere Wege. „Sie will nun auf die Hochschule“, seufzt Sabine Brand-Lässig.
Einfach gut essen
Was ist denn das Besondere an einem Bio-Restaurant? „Einerseits ist das unser Alleinstellungsmerkmal. Wir sind das einzige voll Bio- und Demeter-zertifizierte Lokal in Stuttgart“, gibt sich die Wirtin pragmatisch. „Und natürlich können wir aus den hervorragenden Demeter-Rohstoffen wirklich gutes Essen zubereiten.“
Davon konnten wir uns dann am Abend selbst überzeugen: Wir genossen nicht nur vorzügliche, vegetarische Speisen – weder das Schwarzfederhuhn noch das Roastbeef lachten uns an – sondern auch die Unaufdringlichkeit. In diesem Bio-Restaurant soll niemand mit missionarischem Eifer von Bio oder Demeter überzeugt werden, hier im Lässig isst man einfach gut. Und trinkt süffiges Landzüngle-Bier oder regionalen Wein vom Weingut Heid dazu. Dass alles bio ist, ist selbstverständlich. Wie angenehm! Prost!
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- Ich bin Bio-Schweineexpertin, Beraterin, freie Journalistin und Hobby-Grafikerin. Meine Interessensgebiete reichen mittlerweile von Nutztierhaltung über Urban Gardening bis zum Bodenschutz. Mein Leben bleibt spannend!
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