Eigentlich wollten wir die Khmer-Ruinenstadt von Angkor fast schon auslassen. Die vielen Erzählungen über den nie abreißenden Touristenstrom machten uns ein wenig scheu. Schlussendlich konnten wir das Weltkulturerbe aber doch nicht auslassen, wo wir schon einmal da waren. Und buchten eine Radtour durch den Dschungel zu den Tempeln.
Ein bisschen Angkor in Laos und Kambodscha
Ein bisschen historische Khmeratmosphäre hatten wir auf unserer Reise schon geschnuppert. Die Besuche von Vat Phou in der südlaotischen Provinz Champasak und Wat Nokor nahe der kambodschanischen Provinzstadt Kampong Cham nahmen uns auf eine ganz besondere Art gefangen. Umso gespannter waren wir auf die Ausstrahlung der großen Städte und Stätten der Gottkönige.
Um der gelangweilten Routine der Tuktuk-Touren zu entgehen, buchten wir bei Angkor Cycling Tour eine 45 Kilometer lange Route: Über Nebenstraßen, Feldwege, durch Dörfer, Märkte und den Dschungel mit dem Mountainbike zu den Hintereingängen der Tempel. Obwohl wir in Siem Reap trotz der Nebensaison tausende Touristen trafen, hatten wir unseren Fahrradguide Rath für uns alleine. Touristen meiden offenbar bei angesagten Mittagstemperaturen um 38 °C die Bewegung. Uns war’s angenehm.
Schon bald wussten wir, absolut richtig gewählt zu haben. Wir trafen nämlich im Wald auf wildlebende Affen der Art „Monkeys“, wie uns Rath wissend erklärte. Bald darauf trafen wir auf Bäume mit ohrenbetäubend laut musizierenden Zikaden. Nicht viel später hörten und sahen wir kleine, grüne Papageien. Wir waren schon glücklich, bevor der erste Tempel erreicht war.
Verblichene Macht von Angkor
Angkor war vor 1000 Jahren für 500 Jahre das mächtigste Reich Südostasiens. Mit dem Fall der Hauptstadt Angkor Thom im ersten Drittel des 15. Jahrhunderts zerfiel auch die Macht der Khmer. Die hunderten Tempelanlagen wurden mit der Zeit quasi vergessen. Der wuchernde Dschungel holte sich diese Stück für Stück wieder zurück. Erst die Kolonialmacht Frankreich erkannte das touristische Potenzial und begann Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Freilegen – manche meinen auch mit dem Plündern – der Schätze. Von den bislang wiederentdeckten Tempeln sind bis heute nur ein Bruchteil restauriert und für Besucher zugänglich. Von den damals aus Holz gebauten Wohnstätten und Palästen ist so oder so nichts mehr da.
Steine schleppen für ein gutes Himmelsplatzerl
Angkor Wat wird von allen besucht, ausnahmslos. Die Anlage beeindruckt vor allem durch die Größe und schon auch mit seinen Reliefs. Das Touristengeschiebe, die allgemeine Aufgeregtheit und der persönlich auferlegte Zwang, möglichst viele Tempel zu sehen, verhindern aber ein Innehalten und Genießen der Großartigkeiten. Faszinierend fand ich die Geschichte zum Bau des Großtempels, die uns Rath erzählte. Die Gottkönige hatten normalerweise weder Geld noch Personal, um immer größere Staatstempel zu bauen. Und auch keine Bagger und Kräne. Da half ihnen die (Gut-)Gläubigkeit ihrer Untertanen – und die Stärke der Elefanten. Die alten Khmer gingen nämlich davon aus, dass es 34 Höllen und 36 Himmel gibt. Pro gute Tat stieg man eine Stufe der Himmelsleiter nach oben. Einen Sandstein- oder Vulkansteinblock 20 bzw. 60 Kilometer mit Elefantenhilfe nach Angkor zu bringen zählte als eine gute Tat. Nicht wenige Khmer kamen so in den Himmel.
Die Reliefs und Ausstattungen der Tempelanlagen widerspiegeln den Wettlauf der religösen Vorlieben der Könige von Angkor. Nicht wenige Tempel wurden hinduistisch gebaut und dann buddhaisiert, manchmal auch umgekehrt. Da wurde ein Buddha weggemeißelt und dort ein Vishnu oder ein Shiva angestückelt und dann alles in die Gegenrichtung. Nicht viel anders als bei uns!
Kultur und Natur vereint
Mich haben aber vor allem die ruhigen, verfallenen Dschungeltempel angesprochen. Die mächtigen Luftwurzeln der Würgefeigen greifen sich die angewitterten Tempelteile wie Greifzangen eines galaktischen Baggers. Die Moose, Flechten, Farne und Pilze kümmern sich um die düstere Bemalung der fast 1000 Jahre alten Mauern. Die Naturdenkmäler gestalten also gemeinsam mit von Menschen geschaffenem Kulturerbe ein Gesamtkunstwerk von atemberaubender Schönheit.
Mit Doping zurück ins Heute
Wir waren den ganzen Tag mit dem Staunen beschäftigt. Die Zeit verging wie im Flug. Kurz nach fünf Uhr geleitete uns Rath mit zügigem Tempo wieder nach Siem Reap zurück. Rechtzeitiges Doping mit frisch gepresstem Zuckerrohrsaft und Kokosnusswasser wirkte für die letzten Kilometer Wunder. Super Radtour, in jeder Hinsicht!
Im folgenden Fotoalbum habe ich jene Momente dokumentiert, die mich in dem Trubel angesprochen haben. Nachdem der Fotoapparat nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit wiedergibt, strahlen die Aufnahmen mehr Ruhe aus, als die Wirklichkeit zu bieten hatte. Am Ende der Bildstrecke gibt es Eindrücke von Wat Nokor und Vat Phou.
Für eine feine Darstellung klicke bitte ins erste Bild.
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- Mein Herz schlägt beruflich seit 25 Jahren für eine ökologisch-tiergerechte Landwirtschaft. Die Zukunft der Landwirtschaft kann nur so aussehen! Ich sehe es als meine Berufung, ProduzentInnen und KonsumentInnen zusammen zu bringen.
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