Seidenkokons taugen vielleicht etwas als Schmuck, praktischer und auch schöner ist es aber schon, einen gefärbten und handgewobenen Seidenschal um den Hals zu tragen. Nach meiner kurzen Beschreibung der landwirtschaftlichen Produktion im vorherigen Blogbeitrag folgt nun der Blick auf die Seidenverarbeitung. Also wie aus einem Kokon ein fertiger Seidenstoff entsteht. Hier hängt viel am seidenen Faden!
Aller Anfang(sfaden) ist schwer
Die fertigen Seidenkokons und auch der wertvolle Wurmkot werden also von Mai Savanh Lao von den kooperierenden Familien abgeholt und in die Biofarm nahe Sekong gebracht. Dort kommen die kompakten Kokons in einen Korb. Mehrere große Töpfe mit fast kochendem Wasser, aber auch kaltes Wasser, sind schon vorbereitet. Die ‚Expertin für das Finden der Anfangsfäden‘ gibt die Kokons auf eine Kelle und taucht diese kurz in das fast kochende und dann das kalte Wasser. Die Schmetterlingslarve im Inneren des Kokons stirbt ab. Dann beginnt schon der Abwickelvorgang. Mit einem Stock rührt sie die Kokons im siedend heißen Wasserbad solange um, bis sich mehrere Fäden einzelner Kokons um den Stab gewickelt haben. Diesen Anfangsfaden wickelt sie mit flinken Fingerbewegungen auf ein handbetriebenes Spinnrad. Damit beginnt das Abhaspeln.
Aus 13 mach 1 – der perfekte Seidenfaden
Sobald der Faden gut läuft, schöpft sie die an der Wasseroberfläche schwimmenden Kokons in eine Schüssel. Zig Dutzend feinste Seidenfäden laufen nun von der Schüssel in den Topf. Von der Schüssel geht es auf die strombetriebene Abhaspelmaschine. Eine neue Expertin beginnt ihre Kunst. Sie platziert jeweils 13 Kokons im heißen Wasserbad. 13 Kokons haspeln genau in der richtigen Fadenstärke für die Weiterverarbeitung ab. Die Maschine wickelt rasch ab, sodass die 900 bis 1500 Meter Faden eines Kokons in wenigen Minuten abgespult sind. Die Kunst besteht darin, sobald das Ende des Fadens erreicht ist und damit der Kokonfaden zu dünn wird, rechtzeitig einen neuen Faden zuzuführen. Wenn das gut gelingt, entsteht der berühmte, ganz gleichmäßig starke Endlosfaden der Rohseide.
Aus Rohseide wird Seide
Das Team von Philippe und Elisabeth Schmidt verarbeitet die Rohseide in Vientiane, der Hauptstadt von Laos, zu den gewünschten Zwirnen. Das besondere an der Haspelseide ist ja, dass diese an und für sich eine sehr glatte, feine und seidig glänzende Oberfläche aufweist. Somit kann diese ohne weiteres Waschen zu Kett- und Schussfäden für die händisch bedienten Webstühle verzwirnt werden. Die verwendeten Farben sind leider nur „azofrei“ und nicht biozertifiziert. Die Gründe für diese Entscheidung habe ich nicht im Detail verstanden. Jedenfalls können damit die fertigen Webkunstwerke „nur“ als Fairtrade-, nicht aber als Bio-Seide – obwohl die Raupen nur Bio-Futter fraßen – verkauft werden.
Am seidenen Faden zum Seidenschal
Gut eingeschulte nordlaotische Frauen verweben zum Abschluss per Hand und auf speziell entwickelten Webstühlen die Bio-Seide zu echten Kunstwerken. Für einen Seidenschal mit aufwändigen, traditionellem Muster vergehen schon rasch einmal mehrere Tage bis Wochen.
Die Schönheiten kann man auch kaufen. Sie sind nun nicht gerade billig aber jedenfalls den Preis wert. Im persönlichen Gespräch mit dem Ehepaar Schmidt lassen sich sicher für etwas größere Absatzmengen – ich denke da an Weihnachtsgeschenke von Firmen – spezielle Konditionen aushandeln. Ob wir am Ende ins Paradies kommen werden, steht in den Sternen. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass ein Geschenk aus dem Seidenparadies Laos eine gute Anzahlung ist.
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Beitrag von
- Mein Herz schlägt beruflich seit 25 Jahren für eine ökologisch-tiergerechte Landwirtschaft. Die Zukunft der Landwirtschaft kann nur so aussehen! Ich sehe es als meine Berufung, ProduzentInnen und KonsumentInnen zusammen zu bringen.
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